01 Mrz Die Ankaufsuntersuchung als rechtliche Absicherung
Die Ankaufsuntersuchung als rechtliche Absicherung
Die Ankaufsuntersuchung haben wir bereits im letzten Beitrag aus unserer Sicht als Pferdebesitzer und Experten für Versicherungen im Reitsport thematisiert. Um die Bedeutung der Ankaufsuntersuchung (im folgenden AKU genannt) beim Pferdekauf auch von der rechtlichen Seite absichern zu lassen, haben wir Mara Kaltenborn erneut um Ihre Meinung gebeten.
Mara Kaltenborn ist Rechtsanwältin im Bereich Pferderecht und unsere passende Ansprechpartnerin für alle juristischen Themen rund ums Pferd. Weitere Infos zu ihr und der Kanzlei für Pferderecht findet Ihr hier. In diesem Beitrag wird Mara ein passendes Beispiel aus dem Alltag nennen, um die Arten der Ankaufsuntersuchung zu erläutern und mögliche Haftungs- und Kostenfragen zu klären.
- Ein Beispiel aus der Praxis
- Arten der Ankaufsuntersuchung
- Fehler bei der Ankaufsuntersuchung
- Wer trägt die Kosten der Ankaufsuntersuchung?
„Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.“ Diesem vielleicht nicht. Aber sobald Geld fließt ist eine AKU grundsätzlich ratsam, denn es ist in der Regel viel Geld im Spiel.
Ohne AKU kauft man die Katze im Sack. Man verlässt sich blind auf die Aussagen des Verkäufers und der will meist von etwaigen Vorerkrankungen nichts wissen oder er kennt gewissen Vorerkrankungen tatsächlich nicht, da die erst ab einem höheren Leistungslevel offensichtlich werden.
So z.B. immer wieder beim Kissing Spines Syndrom. Um die Thematik zu verdeutlichen, möchte ich im Folgenden auf die wichtigsten Fakten eingehen.
Ein Beispiel aus der Praxis
Der Mandant kauft einen 5-jährigen Wallach, der altersgerecht ausgebildet ist und von der Abstammung und dem Sprungverhalten eine gute Entwicklung als Springpferd erwarten lässt: Kaufpreis 15.000€. Der Kaufpreis ist super, denn bei den Anlagen wird das Pferd sicher schnell das doppelte Wert sein, so die Überzeugung des Mandanten. Der Verkäufer ist nicht als Unternehmer einzustufen, der Verkauf erfolgt also von Privat an Privat. Das bedeutet es gilt kein Verbraucherschutz zwischen Verkäufer und Käufer. Der private Verkäufer schließt seine Haftung zu allem Überfluss durch den schriftlichen Kaufvertrag erfolgreich aus. Dies hat der Mandant natürlich nicht verstanden: „Der Verkäufer hat den Vertrag schließlich von einer namhaften Organisation, der wird schon gerecht sein“. Auf eine Ankaufsuntersuchung verzichtet man. Vielleicht kennt man den Verkäufer. Oder man ist der Meinung mit so einem jungen Pferd sei schon nichts. Außerdem kostet so eine AKU ja auch wieder. Und die Vorfreude auf dieses Schnäppchen ist einfach so groß. Der Mandant glaubt einen richtig guten Kauf gemacht zu haben.
Nach ein paar Wochen erhöht man die Belastung und das Pferd wehrt sich am Sprung erheblich. Die höhere Belastung scheint dem Pferd nicht zu bekommen. Reiterfehler? Schmerzen? Der Mandant entscheidet sich nun doch einen Tierarzt hinzuzuziehen. Der Tierarzt rät dazu den Rücken zu röntgen und siehe da – das Pferd hat zwei zusammengewachsene Wirbel und wird niemals mehr als A-Niveau springen können – wenn überhaupt. Die Haftungsausschlüsse des Verkäufers sind wasserdicht, Arglist nicht nachweisbar. Keine Chance vom Kaufvertrag zurückzutreten oder sonstige Mängelgewährleistungsrechte geltend zu machen. Weiterverkaufen geht nun auch nur noch unter Angabe der nun bekannten Befunde, der Wert des Pferdes beschränkt sich von einem Tag auf den anderen auf höchstens 3.000€.
Arten der Ankaufsuntersuchung
Ja, eine AKU kostet Geld. Die sogenannte große AKU grob um 1.500€ und genau diese ist definitiv zu empfehlen. Die große AKU umfasst neben den Bestandteilen der „kleinen“ AKU noch 10 Röntgenaufnahmen (Huf und Fessel aus jeweils zwei Blickwinkeln, Sprunggelenke der Hinterbeine).
Bestandteile der kleinen AKU:
- Überprüfung des Allgemeinzustandes
- Abhören von Herz und Lunge
- Kontrolle von Haut und Fell
- Messen von Temperatur
- Atemfrequenz und Puls
- Untersuchung des Nervensystems, der Augen, des Atmungssystems und des Kots
- Abtasten von Beinen und Rücken
- Beurteilung des Bewegungsapparats im Trab, Belastungsprobe
Darüber hinaus können zusätzliche Untersuchungen sinnvoll sein: Röntgenaufnahmen von Knien und Dornfortsätzen, Endoskopische Untersuchungen, Ultraschall-Untersuchungen, Samenprobe bei Hengsten, Blutuntersuchung usw. Insbesondere zu empfehlen sind dabei die Blutuntersuchung und die genaue Untersuchung des Rückens.
Die große AKU ist zwar auch natürlich entsprechend teurer, bietet aber die größtmögliche Wahrscheinlichkeit etwaige Rückgriffsansprüche auf den Tierarzt durchzusetzen, wenn dieser Fehler gemacht hat.
Bei einer großen AKU wären in unserem vorliegenden Fall, die zusammengewachsenen Wirbel ohne Zweifel aufgefallen. Man hätte das Pferd wahrscheinlich nicht gekauft. Glück im Unglück.
Fehler bei der Ankaufsuntersuchung
Falls der Tierarzt die zusammengewachsenen Wirbel vorwerfbar übersehen hätte, müsste der Tierarzt nun für seine Schlechtleistung haften. Der BGH hat festgestellt, dass der Auftrag an den Tierarzt, eine Ankaufsuntersuchung bei einem Pferd durchzuführen, ein Werkauftrag ist und der zugrunde liegende Vertrag ein Werkvertrag. Dieser Vertrag verpflichtet den Tierarzt nicht nur, eine Ankaufsuntersuchung des Pferdes ordnungsgemäß durchzuführen, sondern verpflichtet den Tierarzt auch, seinem Auftraggeber das Ergebnis der Ankaufsuntersuchung und insbesondere vorliegende Auffälligkeiten des Tieres mitzuteilen. Hier schuldet der Tierarzt einen fehlerfreien Befund.
Im Falle der erfolgreichen Inanspruchnahme des Tierarztes ist der Anspruchsteller so zu aufzustellen, als habe der Tierarzt eine richtige Befundung am Tag der Kaufuntersuchung vorgenommen. Praktisch bedeutet dies, dass der Tierarzt z.B. dem Käufer sämtlichen Schaden zu ersetzen hat, der durch den Kauf entstanden ist. Dies ist in der Regel der Kaufpreis des Pferdes, Tierarzt- und Hufschmiedekosten, Unterstellkosten etc.
An den Verkäufer kommt man wegen des erfolgreichen Haftungsausschlusses nicht mehr heran. Das bedeutet, durch den untersuchenden Tierarzt hat man beim Pferdekauf eine fachkundige Person dabei, die zusätzlich für seine Leistung haftbar gemacht werden kann, wenn er sie nicht ordnungsgemäß ausführt. Das weiß der Tierarzt auch im Vorhinein, sodass er natürlich für dieses Haftungsrisiko versichert ist. Hat der Tierarzt keine gesonderte Vereinbarung mit dem Auftraggeber getroffen, haftet er für sein Gutachten drei Jahre. Diese Frist ist deutlich länger als Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer bestehen. Dies ist auch der Hintergrund, warum in der Praxis häufig Prozesse gegen den Tierarzt geführt werden.
Wer trägt die Kosten der Ankaufsuntersuchung?
Die Frage, wer die Kosten der AKU trägt sollte im Vorhinein gut überlegt und vereinbart sein. Auch hier empfiehlt sich durchaus eine schriftliche Fixierung um Streitigkeiten zu vermeiden. Grundsätzlich ist es so, dass derjenige, der den Tierarzt für die AKU beauftragt, auch die Kosten der Untersuchung zu tragen hat. Neben einer Kostenteilung der Parteien könnten Sie die Kostenlast beispielsweise auch von einem bestimmten Ergebnis der AKU abhängig machen.
Bei Pferdehändlern bzw. größeren Verkaufsställen liegt oftmals für ein Verkaufspferd bereits ein Untersuchungsbericht einer AKU oder auch „Verkaufsuntersuchung“ vor. Diese sollten grundsätzlich mit größter Vorsicht behandelt werden, denn: Die AKU wird meist vom Hauseigenen Tierarzt des Verkäufers erstellt sein, eine Einbeziehung des Käufers in den Schutzbereich des Untersuchungsvertrages ist in der Regel ausgeschlossen- somit auch die Haftung des Tierarztes gegenüber dem Käufer. Zudem sollte genau geprüft werden, wann die Untersuchung vorgenommen worden ist und wie umfangreich die Untersuchung war. Dies deshalb, da der Untersuchungsbericht einer AKU immer nur den Status Quo zum jeweiligen Begutachtungszeitpunkt festhält. Sofern die AKU bereits mehrere Monate zurückliegt, sollten Sie unbedingt in Betracht ziehen, eine ergänzende Untersuchung zu beauftragen.
Insgesamt empfehlen wir, sich beim Pferdekauf immer der Expertisen drei verschiedener Experten zu bedienen: Einen erfahrenen Pferdefachmann (Trainer/Ausbilder/Züchter) um ein wirklich geeignetes Pferd auszuwählen, einen Tierarzt, um den gesundheitlichen Zustand des Pferdes zum Kaufzeitpunkt sicher zu ermitteln, und zu guter Letzt einen Rechtsanwalt der einem einen rechtssicheren Kaufvertrag für die spezielle individuelle Situation vorbereitet. Im Anschluss ist es natürlich ratsam, sich vernünftig und unabhängig zu Versicherungen beraten zu lassen. Am besten natürlich bei uns von Reiter&Ross.
Bei weiteren Fragen zu diesem Beitrag oder rechtlichen Fragen zu Ihrer individuellen Situation melden Sie sich gerne bei Mara Kaltenborn in der Kanzlei unter 05221 74668 oder per Mail an info@huflaw.de